12 Monate Entkriminalisierung von Cannabis – oder doch nicht? Teil 2

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Im letzten Beitrag habe ich bereits einen kleinen Überblick über die neuen Regelungen des Konsumcannabisgesetzes gegeben. Diese Kurzbeiträge können keinen vollständigen Überblick liefern, da die Thematik schlicht zu komplex und für Laien häufig auch verwirrend ist.

Mit diesem Beitrag möchte ich den Fokus nunmehr auf die seit dem 01.07.2024 vom KCanG ausdrücklich zugelassenen Anbauvereinigungen lenken. Das nordrhein-westfälische Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales führt hierzu aus:

Anbauvereinigungen dürfen höchstens 500 Mitglieder haben, die das 18. Lebensjahr vollendet und in Deutschland seit mindestens 6 Monaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben müssen. Außerdem müssen Anbauvereinigungen eine Mindestmitgliedschaft von drei Monaten in ihrer Satzung vorsehen. Diese Regelungen dienen der Vermeidung von grenzüberschreitendem Drogentourismus. Anbauvereinigungen müssen zudem einen Mindestabstand von 200 Metern um den Eingangsbereich von Schulen, anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Spielplätzen einhalten.

Anbauvereinigungen sollen nicht in unmittelbarer Nähe zu Anbauflächen anderer Anbauvereinigungen zugelassen werden, um die Entstehung kommerzieller Anbauflächen zu verhindern. Gleichzeitig dürfen Anbauflächen nicht in Wohnungen oder zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden /Grundstücken liegen.

An diesem Absatz zeigt sich direkt ein praktisches Problem der Regelungen des Bundesgesetzgebers.

Bereits die Beschränkung auf 500 Mitglieder ist wenig praxistauglich. Durch die räumlichen Beschränkungen ist auch die Anzahl der möglichen Anbauvereinigungen pro Gemeinde / Stadt rein faktisch beschränkt. Es dürften jedoch insbesondere in Städten deutlich mehr Konsument:innen geben, als mögliche Mitgliedschaften in einer Anbauvereinigung. Darüber hinaus müssen die Mitglieder aktiv am gemeinschaftlichen Eigenanbau mitwirken (§ 17 Abs. 2 KCanG) und eine Mindestdauer Mitglied sein. Für die deutlich höhere Anzahl an Gelegenheitskonsument:innen ist die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung daher wohl eher wenig praktikabel. Andere Möglichkeiten, auf „legalem“ Wege Cannabis zu erhalten oder zu erwerben, sieht das Gesetz aktuell nicht vor. Insbesondere sind bisher keine Geschäfte, die Cannabis für den gelegentlichen Konsum veräußern, vorgesehen.

Diese Regelung führt de facto dazu, dass der Großteil des im Umlauf befindlichen Cannabis nach wie vor vom (ausländischen) Schwarzmarkt stammen dürfte. Eines der größten Ziele des Bundesgesetzgebers – die Zurückdrängung des Schwarzmarktes – dürfte daher aktuell nicht erreicht werden. Auch hinsichtlich der kontrollierten Qualität dürfte das Gesetz hinter der Erwartung zurückbleiben, da der überwiegende Anteil an Cannabis wohl nach wie vor aus illegalem Anbau stammen wird.

Neben den rein praktischen Problempunkten bieten die Anbauvereinigungen jedoch auch noch mehr Potential für Unsicherheiten und Umsetzungsschwierigkeiten. Abweichend von den im ersten Beitrag angesprochenen Mengen an getrocknetem Cannabis und Pflanzen sieht das KCanG im Rahmen der Weitergabe von Cannabis und Vermehrungsmaterial (Stecklinge und Samen) wieder andere Mengen vor. Auch die Wirkstoffmengen sind teilweise reglementiert, was dazu führt, dass theoretisch vor einer Weitergabe an Heranwachsende (zwischen 18-21 Jahren) zunächst ein Wirkstoffgutachten eingeholt werden müsste.

Es zeigt sich, auch der vergleichsweise kleine Aspekt der Anbauvereinigung liefert Material für Diskussion und sorgt für Unsicherheiten auf vielen Ebenen.

2024 habe ich bereits mehrfach hierzu als Referentin von Fachveranstaltungen Rede und Antwort gestanden. In diesem Rahmen kann immer nur eine abstrakt generelle Einschätzung abgegeben werden. Des Juristen liebste Antwort „Es kommt darauf an“ fällt in diesem Zusammenhang recht häufig. Konkrete Einzelfallfragen können gerne im Rahmen einer Beratung in meiner Kanzlei besprochen werden.

Für Bildungs- und Suchthilfeeinrichtungen stehe ich gerne als Referentin für (interne) Fachtagungen zur Verfügung, um soweit möglich Aufklärungsarbeit zu leisten und Handlungsempfehlungen mit auf den Weg zu geben.